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KONTRAST

Kunst ist, was wir darin sehen. Zu erahnen glauben, was sich der Künstler dabei gedacht,

oder in welchem emotionalen Gemütszustand er sich in seiner Schaffensphase befand.

Aber letztlich geht es, objektiv betrachtet, um das "Gefallen" an sich, oder? Wenngleich

die Kenntnis um die persönliche Geschichte – das Wesen und der Wesenszustand eines

Künstlers durchaus seine Kunstwerke in einem neuen Licht betrachten lässt. So erging

es mir mit der jungen Künstlerin Edyta Grzyb, deren Wesen im starken Kontrast zu ihren

Werken zu sein schien

Text: Ivona Okanik | Fotos: Galerie "all you can art"

Klar, kontrastreich und unmissverständlich. Das war mein erster Eindruck von den eindrucksstarken Bildern, deren Attribute ich gleichsam der Künstlerin

selbst, Edyta Grzyb, zuschrieb. In meiner Vorstellung würde ich einer extrovertierten und raumerfüllenden Künstlerin begegnen, deren kompromisslose Art

zugleich fasziniert und provoziert. Einer polnischen Rebellin, die mit ihren kontrastreichen Bildern ein Zeichen setzen und die Welt zum Aktivismus bewegen möchte. Ein oberflächlicher Eindruck, den ich, je länger und detaillierter ich die Bilder betrachtete, langsam fallen ließ. Etwas melancholisches liegt noch darin, oder doch nicht? Ein Zwiespalt. Alles nur Spekulation und subjektive Empfindungen, die sich bei unserer Begegnung bald relativerien

und für Klarheit schaffen werden. Das spannende an persönlichen Begegnungen ist die Ungewissheit, ob das vormodullierte Bild, trotz Bemühungen sie fallen zu lassen und dennoch unbewusst mitträgt, seinem unbekannten Gegenüber aufgestülpt werden kann. Nur um anschließend selbstzufrieden sagen zu könnten "ich wusste es". Das im Kopf gezeichnete erste Bild von Edyta verwerfe ich beim ersten Anblick und konzentriere mich auf die weiche, fast kindlich zurückhaltende Künstlerin. Sie ist keine Rebellin. Kein Wirbelwind, der impulsiv mit kunstpolitischer Argumentation ihre Werke instrumentalisiert. Vielmehr besonnen, selbstkritisch und auf eine sympathische Weise schüchtern. Nicht sie will im Mittelpunkt stehen – das ihr sichtlich unangenehm ist – sondern ihre Bilder. Die mutig, kontrastreich und nahezu schrill sind. Es schein fast, als wäre das Konträre ein Ergebnis eines inneren Kampfes – zwischen Kopf und Seele.

"Closed Mind" (2017)

Die stilistischen Anfänge ihrer künstlerischen Laufbahn vor knapp 14 Jahren, bilden noch heute die Grundlage für Edytas Werke. "Schwarz-weiße Figuren" nennt sie das und lächelt verstohlen. Wenngleich sie zuerst mit Pastell-Farben experimentierte, bevor sie sich auf schwarz-weiß Malerei festlegte, deren Charaktere zuweilen traurig und melancholisch wirkten. Den Grundsamen für die heutige Stilrichtung legte vor vier Jahren eine Freundin, die sich ein abstraktes Bild auf Leinwand wünschte. Ein ganz neues Terrain für Edyta, die bislang noch keine Erfahrung auf diesem Gebiet hatte. Entschlossen, dem Wunsch ihrer Freundin nachzukommen, studierte sie die Techniken anhand von Informationen aus dem Internet. Den entscheidenden Impuls erhielt die in Krakau beheimatete Künstlerin jedoch von ihrer Schwester und inzwischen Managerin, die sie anspornte ein "farbenfrohes" Bild zu malen. Es begann eine Odyssee, auf der Edyta zwischen Ideenreichtum und Perfektion extreme Berg- und Talfahrten durchlebte. Diszipliniert, konzentriert und entschlossen experimeentierte sie in ihrer Freizeit solange, bis die Stilrichtung – ihre persönliche Stilrichtung konkrete Formen annahm. Mit dem schnellen Abverkauf zweier Bilder in einer Online-Galerie, hatte die bescheidene Katzenliebhaberin allerdings nicht gerechnet. "Könnte sie tatsächlich ihre Leidenschaft zum Beruf machen? Davon leben?" Gedanken, die Gefühle zwischen Glück und Traurigkeit hervorriefen.

Neon Portraits-BLUE SPLASH 90x120cm

Irgendwie scheint alles an und um Edyta im starken Kontrast zu stehen. Und genau das ist es auch, was man in ihren Bildern findet und sie so unglaublich sympathisch und interessant macht. Die Grundlage, das Gesicht, oder wie sie sagen würde "Figur", baut auf dem aufgeräumten Zusammenspiel mit kühlen, dezenten Farben wie Schwarz, Grautöne und Weiß – ihren Lieblingsfarben. Die Akzente setzt sie abstrakt in grellen Neonfarben. Als würde sie gedanklich ein Fenster zu einer unbekannten und quirligen Welt öffnen. In welche Richtung wirst du dich noch entwickeln, Edyta? Eine Frage, die mir auf den Lippen brennt – doch wer soll sie mir beantworten? Ganz einfach: die Zeit. Lassen Sie uns gespannt sein, ich denke, wir werden noch Einiges von der jungen Edyta Grzyb hören und vor allem sehen. Schließlich hat ihre künstlerische Laufbahn erst begonnen und schon erobert sie die Kundenherzen im Sturm.

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